Donnerstag, 24. Oktober 2013

Prisoners (2013)

An Thanksgiving verschwinden die zwei kleinen Mädchen der Eheleute Keller (Hugh Jackman) und Grace Dover (Mario Bello) sowie Nancys (Viola Davis) und Franklin Birch (Terrence Howard) spurlos. Schnell ist ein Sündenbock gefunden, nämlich der geistig zurückgebliebene und bei seiner Tante Holly (Melissa Leo) untergebrachte Alex Jones (Paul Dano), verdächtig gemacht durch sein abgewracktes Wohnmobil, das zu der Zeit auf der Straße der Birchs parkte. Der  Detektiv Loki (Jake Gyllenhall), der bisher jeden seiner Fälle gelöst hat, wird beauftragt die Mädchen zu finden. Wird er sie rechtzeitigen retten können? Und ist Alex tatsächlich der Täter?

Mehr Inhaltsangabe braucht man erstmal auch gar nicht. Die Ausgangssituation ist spannend genug und ich denke jeder kann sich (auch kinderlos) in eine solche Horrorlage versetzen, wenn der eigene Nachkomme ohne ein jegliches Lebenszeichen wie vom Erdboden verschluckt zu sein scheint.

Mir war der Regisseur Denis Villeneuve bisher ein unbeschriebenes Blatt, er drehte den mir unbekannten Film DIE FRAU DIE SINGT (2011), der im selbigen Jahr für den Auslands-Oscar nominiert war. Das hier ist sein erster, großer US-Film und es scheint, als hätte Villeneuve alle richtigen Hebel in Gang gesetzt.

Die Geschichte ist mitreißend erzählt, zuerst etwas langsam, nimmt diese im Verlauf der Handlung immer mehr an Fahrt auf und das bei einer Länge von fast 2,5 Stunden. Die dargebotene Erzählung ist äußerst interessant, denn PRISONERS spielt bewusst mit dem Zuschauer, zumindest weckt dieser beim zuschauen eine Reihe von Emotionen aus, bei dem man sich die Frage stellt: Hätte ich das in so einer Extremsituation genauso gemacht wie die betreffende Person im Film? So ging es mir zumindest. Villeneuve gelingt der Coup das fantastische Drehbuch so umzusetzen, das man durchweg mit fiebert, er baut spannende Twists ein und letztlich voller Erwartung rätseln wir, wer nun tatsächlich hinter dem Übeltäter steckt. Ich empfand die finale Auflösung persönlich ein klein wenig enttäuschend, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Die religiöse Kompenente ist in diesem Film sehr breit verstreut, für meinen Geschmack etwas too much, könnte vielleicht aber auch damit zusammenhängen, weil ich überzeugter Atheist bin, aber ich kann es wiederum nachvollziehen, die Tragödie in einem solchen konservativ gläubigen Umfeld spielen zu lassen, da so ein Verbrechen dort für ein ganz besonderes Echo sorgt . Wie auch immer, die letzte Einstellung im Film ist definitiv ein Glanzstück.
So wie die Story ist auch die Bild-Darstellung in diesem Thriller stets düster und regenreich gehalten, nicht umsonst wurde der Film vielerorts mit der Ästhetik eines David Finchers (SE7EN) verglichen.

Die Besetzung ist natürlich erste Sahne. Allen voran Hugh Jackman bietet hier eine wunderbare Darstellung des Familienvaters Dover ab, der sich nach dem Verschwinden seiner Tochter immer weniger unter Kontrolle hat. Nachdem die Polizei den Hauptverdächtigen Alex nach 24 Stunden wieder freigelassen hat, kann er diese Entscheidung nicht akzeptieren und versucht das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen. Er kidnappt Alex und versucht aus ihm ein Geständnis rauszuholen. Auch wenn man natürlich die Beweggründe von ihm nachvollziehen kann, aber ist es moralisch richtig, was er da tut? Welchen Preis muss er dafür zahlen und wie kann er damit weiter leben, was er getan hat? Das wird sich auch Loki fragen müssen, eindringlich gespielt von Jake Gyllenhall, der ebenfalls eine klasse Vorstellung abliefert. Als einsamer Detektiv und überzeugt den Fall schnell auflösen zu können, macht auch er an einigen entscheidenen Stellen ebenfalls Fehler und steht kurz davor wie Keller frustriert die Beherrschung zu verlieren. Die Charaktere sind fein ausgearbeitet, wie man am besten an den zwei Elternpaaren sieht, da die doch im Laufe der Handlung unterschiedlich auf die beunruhigenden Ereignisse reagieren.
PRISONERS ist einer der seltenen Glücksfälle in Hollywood, wo vieles richtig gemacht worden ist. Ein talentierter und unverbrauchter Regisseur, ein fesselndes Drehbuch, eine hervorragende Darstellerriege. Dazu natürlich die kreativen Profis hinter der Kamera (der wunderbare Roger Deakins) und Kulissen, wie z.B. Joel Cox, der verantwortliche Editor für einige Clint Eastwood Klassiker hielt hier seine schützende Hand über das Projekt, so dass das große Studio sich nicht in das Geschehen zwingend eingemischt hat, was dem Film letztlich auch gut getan hat. Das Endresultat ist dann auch keine Standard-Kost aus dem Thriller-Genre, denn dieses kreative Werk hebt sich deutlich von seinen Konkurrenten ab und lässt wirklich niemanden kalt, das spürt man förmlich bei einigen Schock-Szenen, die so real sind, das sich jeder in solche Lage problemlos reinversetzten kann, da reicht auch schon eine einfache Warm- u. Kaltwasserleitung. Wer den Film bereits gesehen hat, weiß was ich meine.

Ja, der Film schont seine Zuschauer nicht! Besonders die Folterszenen zeugen nicht gerade von Sensibilität (mag man sie auch nicht direkt sehen, nur akustisch mitbekommen), für viele Zartbesaitete dürfte das schon Grausen genug sein. Mir persönlich gefällt das Endergebnis außerordentlich gut, einer der faszinierendsten und wirkungsvollen Thriller seit langem und von denen gibt es mittlerweile auch nicht mehr so viele. Das ist einer dieser Filme, bei dem es lohnt sich diesen ein zweites Mal anzuschauen, denn dieser teilt nicht das Geschehen in Schwarz oder Weiß und Gut oder Böse auf. Man wird selbst gefordert in diesem Film und zum nachdenken gebracht und wer weiß, vielleicht haben wir ja alle eine dunkle Seite in uns?

Es scheint, als würde das Kinojahr 2013 auf der Zielgeraden nochmal seine besten Pferde ins Rennen schicken. Top!

 
09/10

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