Samstag, 1. Juni 2013

Silver Linings (2012)

Pat (Bradley Cooper) hat acht Monate in der Psychatrischen Klinik verbracht und alles verloren, nachdem er seine Frau Nikki (Brea Bee) mit einem Kollegen unter der Dusche inflagranti erwischt und ihn daraufhin Krankenhausreif zusammengeschlagen hat. Er hat sich nicht gut unter Kontrolle, denn er leidet unter einer bipolaren Störung, das auch der Auslöser für seine Tat war. Nachdem ihn seine Mutter Dolores (Jacki Weaver) aus der Klappse rausgeholt hat, wohnt er bei seinen Eltern. Papa Pat Senior (Robert De Niro) scheint aber ebenfalls nicht ganz von Zwangsneurosen befreit zu sein. Pat versichert, wieder auf die Beine zu kommen, leider kann er aber seine (Ex-) Frau nicht vergessen und hofft auf eine neue Chance und Zukunft mit ihr. Aber dummerweise darf er durch einen Gerichtsbeschluss Nikki nicht mehr kontaktieren oder sich ihr nähern. Als er durch einen Kumpel die depressive Witwe Tiffany (Jennifer Lawrence) kennenlernt, die ihren Mann nach einem Autounfall verloren hat, machen die Beiden einen Deal: Tiffany ist bereit Pats Briefe an seine Ex-Frau heimlich weiterzuleiten, wenn er als Gegenleistung mit ihr gemeinsam für ein Tanzwettbewerb übt.

Romantische Komödien sind für viele, besonders für das männliche Kinopublikum, ein rotes Tuch. Leider auch meistens zu Recht, denn sehr viele Vertreter dieses Genres offenbaren immer die gleichen einschläfernden Erzählstränge, Charaktere ohne Ecken und Kanten, die vollbeladen mit Klischees sind und wir wissen natürlich Alle, das am Ende (ohne einen erwähnenswerten Höhepunkt zwischendrin) alles gut wird, ja gähn...schöne Grüße an dieser Stelle an Frau Heigl und Frau Aniston. Glücklicherweise gibt es aber immer wieder Mal eine Komödie, die es sich zu sehen lohnt, wie in diesem Fall SILVER LININGS (SILVER LININGS PLAYBOOK) von David O. Russell, welche sowohl bei Kritikern als auch beim Publikum Bestens ankam.

Der Film basiert auf den gleichnamigen Roman von Matthew Quick aus dem Jahr 2008, die Filmrechte haben sich damals auch gleich die nimmer satten, aber sehr erfolgreichen Weinstein-Brüder gesichert. So hat sich alles sehr gut zusammengefügt, am Allerbesten aber der Cast der Darsteller, die allesamt umwerfend agieren. Zwischen Cooper und Lawrence stimmt die Chemie, das ist schon Mal ein großer Pluspunkt. Der Film hat auch seine stärksten Momente, wenn die Beiden gemeinsam zu sehen sind, das fängt schon bei der ersten Begegnung an, wie sich besagte unverblümt über ihre Medikamente und deren Auswirkungen austauschen, was aber den restlichen Anwesenden am Essenstisch wohl doch eher peinlich ist. Sehr schön auch die Szene im Diner an einem Halloween Abend, als Tiffany Pat erzählt, dass Sie mit jedem aus dem Büro wahllos Sex hatte, um ihre Depressionen zu bekämpfen.

Ungewöhnlich für eine Komödie sind diese Titelhelden, die eben nicht perfekt sind, sondern Menschen mit Fehlern und Schwächen, das macht Sie nur sympathischer, auch wenn diese vielleicht für einige recht seltsam oder etwas zu verrückt rüberkommen mögen. Hier wird keine klassische Hollywood-Seifenoper präsentiert, das Drehbuch und die Dialoge sind ausgezeichnet geschrieben. Was dann auch gleich meine persönliche Ansicht aussagt: Mit einem Drehbuch steht oder fällt ein Film, wenn die Story nicht gut ist, rettet das den Film dann letztlich auch nicht mehr. Besonders heikel bei (Tragik)-Komödien, das schwierigste Genre überhaupt, meiner Meinung nach.

Das Schöne an SILVER LININGS sind auch die kleinen Details, das etwas Verschrobene und Eigenbrötlerische, wie z.B. Pat, der sich immer einen Müllsack überstreift, wenn er joggen geht (um mehr zu schwitzen) oder wie er den großen Literaten Hemingway beschimpft, nachdem er sein Buch "A Farewell To Arms" gelesen hat und lautstark seine Unzufriedenheit des nicht vorhandenen Happy-Ends zum Besten gibt.

Jennifer Lawrence brachte diese Rolle Ihren ersten Oscar ein, mit gerade Mal 23 Jahren gehört Sie zu den jüngsten Preisträgerinnen überhaupt. Die größte Überraschung für mich ist dann aber eher Bradley Cooper, der bisher nicht gerade als großer Schauspieler von sich Reden machte. Ja, HANGOVER mochten wir Alle, der zweite Teil war dann aber eine unterirdische Kopie des ersten Teils. Jetzt hat er mit dieser interessanten Rolle bewiesen, dass er nicht nur 'The Sexiest Man Alive 2011' ist. Robert De Niro hat auch zwei schöne Momente im Film, z.B. als er seinem Sohn gesteht, sich vielleicht in der Vergangenheit nicht genug um ihn gekümmert zu haben und letztlich glaubt, durch Football ihm wieder näher zu kommen. Die beiden sprechen nicht viel miteinander und gleichen sich aber doch sehr vom Charakter. Jacki Weaver ist eine australische Schauspielerin, die in Deutschland eher unbekannt ist und hier die wohl normalste und stabilste Person im Film verkörpert. Und schließlich ist auch Komiker und Großmaul Chris Tucker mit von der Partie, der hier überraschend sehr natürlich und nicht aufgesetzt spielt.

Was bei diesem Film vielleicht den einen oder anderen etwas stören könnte, ist der leichte (aber im Rahmen gehaltene) 'Dirty Dancing'-Touch und das für viele Amerikaner heilige Football. Das Tanzen und der Sport spielen hier in der Handlung eine nicht unwichtige Rolle, der Fokus bleibt aber bei den zwei Hauptprotagonisten bis zum Finale. Regisseur David O. Russell war nach seinem Erfolg THE FIGHTER ein persönliches Anliegen SILVER LININGS zu inszenieren, wenn man sich die Extras mitsamt Kommentare auf der DVD ansieht, weiß man auch warum. Sein Sohn leidet unter einem ähnlichen Krankheitsbild wie Pat in diesem Film. Er hat das Drehbuch auch paar Mal umgeschrieben, bis er mit dem Ergebnis zufrieden war. Resultat: Wenig Kitsch, dafür eine Story mit Herz und Witz das seine Figuren ernst nimmt und sie nicht der Lächerlichkeit preisgibt, was in Komödien sonst gern gemacht wird. Trotz der ernsten Themen ist SILVER LININGS ein Unterhaltungsfilm und das schafft er auch problemlos mit einer gewissen Leichtigkeit, aber ohne oberflächlich daher zu kommen.

Am Ende wird sich Pat entscheiden müssen und er wählt den titelgebenden Silberstreifen am Horizont. Wer wissen will, wer oder was das ist, schaut sich bitte diesen Film an. Aber man ahnt es eigentlich irgendwie schon, oder?

07/10