Der von seiner Frau getrennt lebend und eigensinnige Ali
(Matthias Schoenaerts) streift mit seinem Sohn Sam durch Frankreich. Ohne Geld und
Bleibe, landen Beide bei seiner Schwester. Er verdient sich zuerst als Türsteher
seinen ersten Lohn, dabei lernt er die selbstbewusste Schwertwal-Trainerin Stephanie
(Marion Cotillard) kennen, die gerade von einem Typ im Club die Nase blutig
geschlagen bekommen hat. Erst nach Monaten sehen sich die Beiden wieder und das
Schicksal hat mittlerweile bei Stephanie gnadenlos zugeschlagen. Bei einer
ihrer Vorstellungen wird sie von einem Killerwal angegriffen und verliert beide
Unterschenkel. Verbittert und im Rollstuhl sitzend versucht sie ihren Alltag zu
bewältigen. Und es ist ausgerechnet der gefühllose Ali, der es schafft, Sie
wieder zurück ins Leben zu holen.
Zwei gegensätzliche Menschen treffen aufeinander. Ali, der sowohl
als Wachmann als auch mit illegalen Kämpfen seine Kasse aufbessert ist ein
Unsympathischer Zeitgenosse, emotional ziemlich kaputt und unfähig seinen Sohn
rechtzeitig von der Schule abzuholen, da er sich lieber mit einer Unbekannten bei
einem Quickie vergnügt. Sein Kapital ist eindeutig sein gut trainierter Körper,
der zudem viel Sex ausstrahlt und sich nimmt, was es braucht. Stephanie, nach
dem Arbeitsunfall depressiv und mit Stümpfen
ausgestattet, im Gegensatz zu Ali die
körperlich versehrte, für die sich schon allein ein Toilettengang als schwierig
erweist, emotional aber nach und nach an sich wächst.
Regisseur Jacques Audiard, der bereits mit dem Vorgänger EIN
PROPHET einen großen Erfolg hatte inszenierte diesen Liebesfilm authentisch mit
allen Ecken und Kanten und schont dabei seine Zuschauer nicht. Den Unfall sehen
wir zwar nicht wirklich, nur wie sie danach im Wasser driftet, diese Szene ist
aber in einer sehr starken Bildersprache gelungen. Ebenso als Ali die zuerst
ablehnende Stephanie zum ersten Mal nach draußen aus Ihrer Sozialwohnung ans
Meer nimmt und mit ihr ins Wasser steigt, hat einen wunderschönen Augenblick
inne.
Der Film bietet noch einige andere nachhaltig wundervolle
Momente. Einer der schönsten, als Marion Cotillard wortlos vor dem großen Glasbecken steht und einem Schwertwal die Richtung
dirigiert, das hat schon was magisches an sich. Beide Figuren profitieren in
dem Film stark voneinander, bestechend ebenfalls in der Szene (und wohl auch
die eindeutige Message in diesem Film), als Ali während eines Kampfes am Boden
liegt und sieht, wie Stephanie mit ihren Edelstahlprothesen aus dem Auto steigt…und
zeigt ihm ihren wiedergewonnen Lebenswillen und Mut vor, so dass er aufsteht
und weiterkämpft. Großartig!
„Willst du ficken?“, fragt Ali einmal Stephanie…damit sie noch
überhaupt weiß, ob es noch funktioniert und sich genauso ohne die fehlenden Unterschenkel anfühlt
wie früher. Sie tun es und wir erinnern uns bei der allerersten Begegnung der
Beiden, als Ali noch die schönen und perfekten Beine von Stephanie auffielen,
jetzt hat sie keine mehr und es scheint ihn nicht sonderlich zu stören, genauso
wenig wie er in einer Disco in Angesicht vor ihr eine andere für den Beischlaf abschleppt. Er ist eine Kampf- und
Fickmaschine, äußerlich unverwundbar, innerlich aber leer und ohne Gespür für
Sensibilität oder Anstand. Aber es gibt Hoffnung für Ali, zum Ende hin wendet sich überraschend das Blatt und er zeigt zum ersten Mal Gefühle.
Beide Hauptdarsteller leisten wunderbare Arbeit, die
fantastische Marion Cotillard wurde zudem in der letzten Award-Saison für einige
wichtige Darstellerpreise nominiert. Großes Lob auch an die Special-Effekt-Macher,
die es fertig brachten, Cotillards Amputation sehr lebensecht aussehen zu
lassen.
Ein außergewöhnlich intensiver Film, in jeder Hinsicht
sehenswert.
09/10